Im Gespräch mit Büdingens Bürgermeister Erich Spamer und 1. Stadträtin Henrike Strauch informierten sich Bundestagsabgeordnete Bettina Müller, die auch Mitglied der Arbeitsgemeinschaft Kommunales im deutschen Bundestag ist sowie die hessische Landtagsabgeordnete Lisa Gnadl nach den zukünftigen Herausforderungen in Büdingen. Im Rahmen der Sommertour sind die beiden Abgeordneten bei allen Bürgermeister im Wahlkreis zu Besuch und sprechen über die Entwicklung im ländlichen Raum.
Der Einzelhandel stirbt leider weg. Der Online-Handel saugt die Kaufkraft aus unserer Innenstadt, stellt Erich Spamer fest. Die Digitalisierung hat nicht nur Vorteile. Gerade in den Innenstädten wird dies sichtbar. Immer mehr verschwinden die großen Schaufensterflächen mit ihren Angeboten aus dem Stadtbild. Der Grund zum Stadtbummel fällt weg. Auch auf Büdingens Flaniermeile sind Veränderungen festzustellen; wenig Frequenz bringende Betriebe (Versicherungen/Pflegedienste) nutzen vermehrt Ladenflächen, führt Spamer fort.
Die beiden Abgeordneten sind sich sicher, dass sogar kleinere Läden mit intelligenten Konzepten der großen Konkurrenz von Amazon bis Zalando Paroli bieten können. Der entscheidende Vorteil liegt auf der Hand kommentiert Bettina Müller. Händler müssen die Annehmlichkeiten des Einkaufens auf der Couch mit den Vorteilen der Geschäfte vor Ort verknüpfen. Denn zahlreiche Produkte haben beim Online-Einkauf einen Nachteil: Sie können weder geprüft noch ausprobiert, sondern im Fall der Fälle nur zurückgeschickt werden. Es profitieren insbesondere Händler, die den Kunden die Möglichkeit geben, sich zunächst ausgiebig vor Ort beraten oder online zu informieren, den gewünschten Artikel online zu reservieren oder sogar zu kaufen und später im Ladengeschäft abzuholen. Der große Vorteil für den Händler: Er hat Kundenkontakt und kann eine persönliche Beziehung aufbauen, ist sich Müller sicher. Die Geschäfte müssen Alleinstellungsmerkmale schaffen und den Service weiter ausbauen. Denn das persönliche Gespräch und die Produktberatung sind immer noch das beste Verkaufsargument, resümiert Lisa Gnadl.
Spamer ist sich sicher, dass eine Öffnung der Geschäfte am Sonntag zu einer nachhaltigen Belebung der Innenstädte führen würde. Nach Gesprächen mit Wirtschaftsvertretern hält Müller arbeitnehmerfreundlichere Lösungen wie ein gemeinsames Stadtleitbild, runde Tische mit allen Verantwortlichen und an den Umsatz oder Kundenzahlen flexibel angepasste Mieten für sinnvoller. Ich möchte ein Einkaufserlebnis und guten Service, dann komme ich auch in die Stadt. Das spricht sich rum und die Menschen gehen wieder gerne zum Kaufmann vor Ort. Wir als Politiker müssen dafür sorgen, dass die städtische Infrastruktur bestehen bleibt. Wer möchte schon in einer Stadt ohne Kinderbetreuung, Schule oder kulturelles Angebot wohnen?, unterstreicht Müller ihre Position. Einig sind sich die Politiker darin, dass gemeinsam mit Immobilienbesitzer, dem Einzelhandel und der Stadt nach Wegen gesucht werden muss um der Entwicklung entgegenzuwirken. Auch die Kirchen, so Spamer, bedürfen der Einbindung und müssen sich bewegen; zu glauben, das strikte Ladenöffnungsverbot an Sonntagen fülle die Kirchen, ist ein Irrglaube.